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Die Kennkarte der Christen

Predigt von Landesbischof i.R. Dr. Theo Sorg auf dem Sommerfest von »neu anfangen« am 25.6.00 in Gültlingen

»Ihr seid das Salz der Erde.... Ihr seid das Licht der Welt (Matthäus 5,13.14)

Im Urlaubsverkehr der kommenden Wochen gilt es beim Grenzübertritt gegebenenfalls den Personalausweis, die Kennkarte, vorzuzeigen. Sie identifiziert uns als die Person, die wir in Wirklichkeit sind. Auch als Christen haben wir eine solche Kennkarte. In der Aktion »neu anfangen« zeigen die Christen dieser Gegend ihre Kennkarte vor, die sie identifiziert, die sie ausweist als das, was sie sind.

Auf dieser Kennkarte der Christen steht: »Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt«. Wo wir als Christenmenschen, gleich welcher Konfession, gehen oder stehen, wenn wir bei der Aktion »Neu anfangen« die Telefonaktion starten oder unser Buch in die Häuser bringen, dann sollen wir immer diese Kennkarte bei uns tragen und sie vorzeigen, ob wir gefragt werden oder nicht. Wir wollen die Eintragungen auf unserer Kennkarte etwas näher ansehen:

1. Von der Bestimmung der Christen

»Ihr seid das Salz der Erde. Ihr sied das Licht der Welt«. Zwei glasklare Bestimmungen werden hier ausgesprochen, und zwar ausdrücklich nicht in der Form eines Befehls: »Bemüht euch mal, dass ihr als Salz und als Licht in Eurer Umgebung erkennbar seid«, sondern als ganz schlichte Feststellung: Wo Christen sind, da wirken sie in ihrer Umgebung wie Salz und wie Licht. Salz ist ein unentbehrliches Mineral für die Küche, für unseren Körper, im chemischen Labor. Das Licht ist unentbehrlich zur Beleuchtung, zur Orientierung, zum Wachstum. Jesus zieht am Anfang seiner Bergpredigt einen kühnen Vergleich: So unentbehrlich wie das Salz und das Licht für diese Welt sind, so unentbehrlich sind die Menschen, die in meiner Nachfolge und in meiner Gesinnung leben. Menschen, die nicht zuerst an sich selber denken, sondern die für andere da sind. Menschen, die zur Wahrheit stehen, auch wenn es ihnen Nachteile bringt. Menschen, die Frieden stiften und Brücken bauen. Solche Menschen sind in unserer Welt unentbehrlich. Wenn es sie eines Tages nicht mehr gibt, dann wird die Temperatur zwischen den Menschen auf den Gefrierpunkt absinken, und das wäre das Ende des Lebens auf dieser Welt. Gehen wir nun den Wirkungen von Salz und Licht nach, um zu erfahren, was die Bestimmung von Christen in dieser Welt ist. Salz wirkt, indem es würzt. Eine Suppe ohne Salz schmeckt fade, und Brot, bei dem das Salz vergessen wurde, kann man vergessen. So sind Menschen, die nach der Gesinnung Christi leben, ein Stück Würze dieser Welt, weil sie Dinge tun, über die andere den Kopf schütteln, weil sie sich um Menschen kümmern, die andere schon längst abgeschrieben haben, weil sie sich nach den Geboten Gottes richten, für die andere allenfalls noch ein müdes Lächeln übrig haben. Und Salz wirkt, weil es konserviert. Als es noch keine Gefriertruhen gab, hat man das Fleisch eingesalzen, um es länger haltbar zu machen. Vieles was heute in unserer Welt glänzend und imponierend dasteht, ist im Inneren faul und morsch. Im Grunde gilt das für unsere ganze westliche Gesellschaft. Als Menschen, die die Gesinnung Christi vertreten, können wir allein schon durch unser Dasein, oder durch unseren stillen oder manchmal auch kräftigen Hinweis auf Gottes Wort und Gebot solchen Entwicklungen der inneren Fäulnis entgegentreten. Der Gewalt etwa, der Verrohung schon der jungen Leute, dem hemmungslosen Erfolgsstreben, der Korruption, dem Rufmord, der allgemeinen Sexualisierung, und was es sonst immer sein mag.

Salz aber wirkt nur, wenn es verstreut wird. Es muss in die Suppe, es gehört in den Teig. Wir bleiben als Christen wirkungslos, wenn wir unter uns bleiben, wenn wir Berührungsängste haben und den Luftzug der öffentlichen Meinung scheuen. Schon eine kleine Menge Salz, einige wenige Salzkörner verändern den Teig. Schon ein paar wenige Christen können in einem Betrieb, in einer Kantine, in einer Schulklasse das Klima zum Guten verändern. Eine einzige Familie in einem Mietshaus kann eine ganze Hausgemeinschaft beeinflussen. Nur: Man muss sie spüren, man muss sie sehen, so wie eine Stadt auf einem Bergvorsprung, die man nicht übersehen kann.

Und dann das Licht: Licht verbreitet Helligkeit. Schon der kleinste Lichtschein einer Kerze durchbricht das Dunkel. So kann bei der Aktion »neu anfangen« ein Anruf oder ein Besuch bei einem einsamen Menschen Licht in dessen Dunkelheit bringen und sein Gesicht aufhellen. Und das Licht bringt Wärme in die zunehmende Kälte dieser Welt. Hier sind Menschen gefragt, von denen Wärme ausgeht, und in deren Nähe es einem wohl ist. Licht ist nötig zur Orientierung. Es zeigt Wege und hilft, dass wir uns in den uferlosen Angeboten dieser Welt einigermaßen zurechtfinden. Und es hilft zugleich, Gefahrenstellen zu erkennen und nicht auf Irrwege zu geraten.

Summa: Wir Christen dürfen uns mit unserem christlichen Glauben nicht verstecken. Wir haben keinen Grund dazu. Man soll etwas merken von unserem Glauben. Man soll etwas davon sehen und spüren, so wie man eine Stadt auf dem Berge nicht übersehen kann: Altensteig nicht, und Berneck nicht. So wenig kann man in dieser Welt übersehen, wenn Menschen da sind, die ihrer christlichen Überzeugung treu bleiben und sie in der Öffentlichkeit vertreten.

2. Von der Gefährdung der Christen

Unsere Bestimmung ist kein ungefährdeter Besitz. Jesus spricht in der Bergpredigt davon, dass salzlose Christen für ihre Umgebung nichts bedeuten, und dass eine abgedunkelte Kirche kein Licht ausstrahlen kann. Beides ist für diese Welt nichts wert: Profillose Christen, laue Christen, unverbindliche Christen, die den Mund nicht aufmachen , die jeden Kontakt mit anderen meiden; oder solche, die über alles und jedes reden können, nur nicht über ihren Glauben: »...dass mir an dieser Stelle nur niemand zunahe tritt«. Anpassung und Ängstlichkeit sind genannt. Diese Gefährdungen sind für jeden Christen und sind für die ganze Kirche allgegenwärtig. Sie lähmen unsere Aktivitäten und sie mindern unseren Einfluss nach außen. Eine Gemeinde, die sich nur ihrer Umgebung anpasst, und die nur ängstlich ihren Binnenraum und die überkommenen Traditionen pflegt (»das war bei uns schon immer so«), tritt geistlich auf der Stelle und ist missionarisch bedeutungslos. Deswegen brauchen wir immer wieder neue Ermutigungen, und die Aktion »neu anfangen« will zunächst einmal zuerst für uns Christenmenschen ein solcher Anstoß zu einem neuen, zu einem vertieften Glauben werden.

3. Von der Beauftragung der Christen

»Lasst Euer Licht leuchten vor den Menschen« (Matthäus 5,16). Gott selbst hat alle Voraussetzungen geschaffen für unseren grenzenüberschreitenden missionarischen Dienst. Seit Jesus gekommen ist und gesagt hat: »Ich bin das Licht der Welt«, dürfen wir an diesem Licht unsere Lichter anzünden und Gottes Licht weitertragen in unsere Umgebung. Jeder und jede dorthin, wo ihre alltägliche Aufgaben liegen: in die Familie, in die tägliche Umgebung, in Arbeit und Freizeitgestaltung. Und dann, wenn die Zeit da ist, in die Aktion »neu anfangen«.

»Lasst Eurer Licht leuchten vor den Menschen«: Das heißt nicht: Jetzt strengt euch mal an und krempelt die Ärmel hoch und spuckt in die Hände. Nein, das bedeutet ganz einfach: Tretet mit eurem Leben in das Licht Jesu Christi. Lasst Euch von diesem Licht erwärmen und lasst sein Strahlen durch Euer Leben hindurchgehen. Werdet selbst transparent für das Leben und die Liebe Christi. Tragt seine Gesinnung weiter. Jesus Christus ruft uns, ehe er uns an die Arbeit schickt, zu einem Leben in seinem Licht. Nur von seinem Licht Erleuchtete können anderen ein Licht anzünden. Und genau das wollen wir, dass bei «neu anfangen« vielen Menschen in dieser Region ein Licht aufgeht, das Licht des Glaubens, das Licht des ewigen Lebens. Amen.

Dr. theol. Theo Sorg war bis 1994 Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er und seine Frau wohnen im Ostfilderner Stadtteil Kemnat. Er hat die Durchführung von »neu anfangen« im Bezirk Fildern 1997 positiv miterlebt.

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